Die Neue Gruppe, Haus der Kunst München

in Weiden

  

Wenn Kunst ein Medium ist, das gesellschaftliche Wirklichkeit reflektiert und dazu individuelle Visionen, Perspektiven und Modelle vermittelt, dann ist sie unstet, polymorph und verändert sich in der Zeit. Und sucht trotzdem eine bleibende Heimat im urbanen Raum mit ausgewählten Plätzen für alle Öffentlichkeit, in Museen und Galerien für die besonders Interessierten und im intimen Wohnbereich als Spiegel persönlicher aesthetischer Kultur oder womöglich als Wertanlage.

 

Die Künstler, Seismographen und Übersetzer (Transponder) dieser Wirklichkeit, haben ihren Weg zu finden im Ausdruck und dann an die Öffentlichkeit, um das Gedachte und das daraus Erarbeitete zur Diskussion zu stellen. Unterschiedliche Charaktere und verschiedene Epochen befördern dabei mehr den völligen Alleingang oder die zeitweise Verflechtung der Kreativen in Verbänden und dort trotz Konkurrenzen (überwiegend) in  gehöriger Loyalität zu einander. Allerdings gärt es von Zeit zu Zeit, Progressivere erkämpfen sich mehr Raum oder spalten sich ab zu neuer Organisation.

 

Die Neue Gruppe ist das Kind eines solchen Prozesses, der bis in das 19. Jahrhundert zurück reicht. Die Organisation der Münchener Malerfürsten und auch der weniger geadelten Bildhauer und Maler hatte ihr Zuhause im königlich beschützten, 1931 dann durch Brand zerstörten Glaspalast. Seit 49 hat die 1947 von vielfach Verfemten gegründete "Neue Gruppe" ihre Heimat im Münchener Haus der Kunst gefunden, das 1937 unter ganz anderen Gesichtspunkten erbaut worden war. Heckel, Hofer, Kokoschka, Pechstein, Purrmann, Schmidt-Rottluff, dann Baumeister, Nay und Winter: Das sind einige Namen aus der ersten Zeit.

 

Dieses jüngere Spaltprodukt künstlerischer Auseinandersetzung in der konstituierten Münchener Szene präsentiert seine Mitglieder und Gäste jährlich in der Großen Kunstaus-stellung und spiegelt dort Bestand und Wandel künstlerischer Arbeit wider. Diese Gruppenausstellungen ergänzen in ihrer Vielfalt die Präsentationen der Galerien, deren Programme auf Einzelausstellungen ausgerichtet sind. Ein weites Spektrum aktuellen Kunstschaffens wird dem Besucher konzentriert an einem Ort vorgeführt.

 

Die Balance zu halten zwischen der Pflege oft jahrzehntelanger Mitgliedschaften und dem nachkommenden Neueren stellt sich als Drahtseilakt dar, sorgen doch die langjährigen Mitglieder für die Kontinuität und das Fortleben der Gruppe als Ausstellungsorganismus mit kulturpädagogischem Auftrag (die Veröffentlichung der eigenen Arbeiten in einem respektablen Haus mit einbegriffen), samt der Wahrung eines elitären Anspruchs. Dem gegenüber steht eben eine jüngere Generation, mit anderen Vorstellungen und Konzepten und doch auch als Garant für weitere Entwicklung, mit der Forderung nach Wand, Raum und Mitgliedschaft oder aber in kühler Distanz zu längerfristigen Verpflichtungen.

 

Noch immer sind große Namen und starke Persönlichkeiten des zeitgenössischen Kunstbetriebs in der Neuen Gruppe vertreten und doch gab es über die Jahre Schwankungen in der Bereitschaft gemeinsam auszustellen, sich für die Gruppe zu engagieren. Mentale und soziale Veränderungen in der Gesellschaft werden nicht nur reflektiert, sie schlagen auch durch im Verhalten von Künstlern. Viele aus der jungen Generation verabscheuen "Vereinsmeierei", Zusammenschlüsse sollen eher temporär, auf bestimmte Projekte ausgerichtet sein und darüber hinaus ohne weitere Verbindlichkeiten. Die  kämpferisten Singles sind en Vogue, die Konkurrenzen mächtig geschürt durch die Medienpeitsche und den Hunger der Öffentlichkeit nach Sensationen. Sie sind schwer zu bändigen für Gruppen, wo Toleranzen, Offenheit, Einsatz für ein Ganzes und auch Pragmatismus gefordert sind und doch gibt es immer wieder engagierte Figuren, die mit dem Blick und der Hoffnung auf Pendelbewegungen für den Erhalt gemeinsamer Aktivitäten streiten.

 

Der Ausbruch der Neuen Gruppe aus dem Münchener Haus der Kunst markiert ein neueres Kapitel. Die Arbeiten der Mitglieder werden einem neuen, weiteren Publikum bekannt gemacht – in Weiden schließt sich diese Präsentation an bereits zwei unter verschiedenen Aspekten gezeigte an und stellt nun das ganze Spektrum der Gruppe mit einigen ihrer Gäste zur Diskussion.

  

Im Mai 2007,   Voré,  Präsident der NEUEN GRUPPE



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